Visionen für eine 1,5-Grad-Welt: Konflikte und Lösungen auf dem Weg dahin

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Citizen Thinking Lab in Berlin
adelphi
2023-11-17

Bungee-Jumping gehen oder eine herausfordernde mehrwöchige Fahrradtour machen – das könnte für einige unserer Workshop-Teilnehmer*innen den jährlichen Urlaubsflug und die damit assoziierte Suche nach „Abenteuern“ ersetzen. Sich mit seinen Nachbarn im Mehrfamilienhaus eine Küche teilen – das würde attraktiver, wenn der Vermieter für deren Instandhaltung zuständig wäre, zum Beispiel auch mit finanzieller Unterstützung vom Staat. Im Büro Energie sparen, indem die Raumtemperatur merklich gesenkt wird? Für einen extra Urlaubstag wäre das für einige Teilnehmer*innen unseres Workshops durchaus vorstellbar.

Um den Klimawandel und die damit einhergehenden Folgen zu stoppen, sind Änderungen in unser aller Alltag notwendig. Doch wie können diese konkret aussehen und welche Kompromisse sind wir bereit einzugehen? Die oben vorgestellten Lösungsideen entwickelten Bürger*innen in unserem 1-tägigen Workshop gemeinsam in teilweise intensiven Diskussionen.

In der zweiten Runde unserer Bürgerdenklabore haben wir ca. 100 Menschen in fünf europäischen Ländern mit Zukunftsvisionen für das Jahr 2030 konfrontiert, in die wir weitreichende Lebensstil-Veränderungen eingebaut hatten. Nämlich solche, die notwendig sind, um den eigenen Fußabdruck in 2030 auf 2,5t CO2e/Jahr zu reduzieren. Dazu gehört z.B. die eigene Wohnfläche um 30% zu reduzieren, 80% weniger Produkte tierischen Ursprunges zu essen – was eine ganze Menge ist – oder auch die geflogenen Kilometer pro Person und Jahr mindestens zu halbieren.

Doch neben diesen Lebensstilveränderungen enthält unsere Zukunftsvision auch sogenannte „Bedingungen für Akzeptanz“, die als nötige Voraussetzungen für die erfolgreiche Verfolgung von nachhaltigen Verhaltensweisen verstanden werden können.
Vor einem Jahr wurden diese in unserem ersten Bürgerdenklabor von Bürger*innen erarbeitet: vorrangig pflanzliche Kost war damals beispielsweise für viele akzeptabel, wenn sie besser über die Möglichkeiten einer ausgewogenen Ernährung auch ohne Milch, Fleisch und Käse Bescheid wüssten. Für den Verzicht auf private Autofahrten wäre die Verbesserung und der weitere Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel zwingend notwendig.

Diese und ähnliche Bedingungen wurden in die Zukunftsvision integriert. Für einige Bürger*innen war es dennoch fast unmöglich, sich die Vision als realisierbare Zukunft vorzustellen, andere konnte sich sehr gut hineindenken und daraus entstehende Probleme oder Chancen bezüglich ihres Alltagsleben und der damit einhergehenden Lebensqualität ableiten.

Bessere Gesundheit oder ein stärkeres Gemeinschaftsgefühl waren einige der erhofften Errungenschaften, die mit der Zukunftsvision assoziiert häufig wurden. Der Verlust von Lebensqualität, z.B. durch weniger Komfort, wurde als zu zahlender „Preis“ für diese zukünftigen Welt genannt.

In Kleingruppen haben die Bürger*innen diskutiert, wie Konflikte entweder individuell oder auf der strukturellen Ebene gelöst werden könnten und jeweils konkrete Lösungsvorschläge entwickelt. Diese Lösungsvorschläge der Bürger*innen werden nun von uns analysiert und in die Empfehlungen des Projektes einfließen, die wir in den kommenden Monaten entwickeln. Mehr dazu bald auf dieser Website, in unserem Newsletter, auf LinkedIn, X and Facebook.

Lena Domröse & Maren Tornow (adelphi)